OLG Brandenburg, Urteil vom 09.05.2023, 6 U 27/22 – Augen auf beim E-Bike fahren
Leitsätze
Fahrräder und E-Bikes müssen die Fahrbahn benutzen. Andere Straßenteile, insbesondere Gehwege, dürfen von Fahrrädern und E-Bikes grundsätzlich nicht benutzt werden.
Nutzt ein Fahrrad- oder E-Bike-Fahrer den Gehweg und fährt er in der Dunkelheit gegen einen farblich gekennzeichneten Bauschuttcontainer, dessen Ecke in den Bereich des zwischen der Fahrbahn und dem Baugrundstück verlaufenden Gehwegs hineinragt, trifft ihn an den dadurch entstehenden Schäden und Verletzungen ein Mitverschuldensanteil von zwei Dritteln.
Problemaufriss E-Bike und Gehweg
E-Bike Fahrer fährt auf dem Gehweg bei Dunkelheit. In den Gehweg ragt ein Bauschuttcontainer rein, der zwar farblich markiert (rot-weiße Streifen) ist, jedoch bei Dunkelheit dennoch eine gewisse Kollisionsgefahr birgt.
Es kommt wie es kommen muss das E-Bike kollidiert mit dem Container und der Fahrer verletzt sich mit einer blutenden Risswunde am Bein.
Der E-Bike Fahrer verklagt nun das Bauunternehmen auf Schadensersatz und immerhin ein Schmerzensgeld in 5-stelliger Höhe.
§ 2 StVO
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 StVO müssen Fahrzeuge die Fahrbahn benutzen. Ein solches Fahrzeug ist auch ein E-Bike oder Fahrrad.
Mithin müssen auch Fahrräder und E-bikes die Fahrbahn benützen, solange der Gehweg nicht durch entsprechende Beschilderung für Fahrräder freigegeben ist oder es sich bspw. um ein Kind handelt.
Folge
Macht also nun den Fahrradfahrer einen Schadensersatzanspruch gegen den Bauunternehmer geltend, so stellt sich die Frage, ob sich der Fahrradfahrer ein Mitverschulden nach § 254 BGB anrechnen lassen muss.
Das OLG Brandenburg bejaht dies und zwar mit einer Mitverschuldensquote von 2/3. Sprich der Unternehmer haftet nur zu 1/3.
Der Kläger muss laut OLG mit Hindernissen auf dem Gehweg rechnen und muss deshalb mit dementsprechend erhöhter Aufmerksamkeit und reduzierter Geschwindigkeit fahren. Dafür, dass er dies nicht getan hat, spricht schon, dass es überhaupt zur Kollision gekommen ist. Umstände, die diesen Schluss erschütterten oder widerlegten, waren nicht ersichtlich.
Fazit
Selten konnte man Bau- und Verkehrsrecht besser kombinieren.
Einerseits hat der Bauunternehmer penibel dafür Sorge zu tragen, dass Baucontainer nicht in Gehwege hineinragen. Andererseits darf ein Fahrradfahrer grundsätzlich nicht den Gehweg nutzen und wenn er es doch tut muss er damit rechnen, dass es zu Gefahrensituationen kommen kann für die er überwiegend haftet.
Augen auf beim Fahrradfahren!
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